Ein bewegender Film über den Totenfotograf
Dr. Martin Kreuels war Wissenschaftler und eigentlich ein rationaler Mensch – bis seine Frau an Krebs verstarb und der Witwer mit vier kleinen Kindern zurück blieb. Sein fünfjähriger Sohn Anton machte spontan ein Foto von seiner Mama auf ihrem Totenbett. »Sie ist doch gleich weg!« Das letzte Porträt von Heike Kreuels blieb der Familie – und es sollte viel bewirken. Mancher Besucher empfand das vom Witwer zeitweise im Wohnzimmer aufgehängte Foto als pietätlos. Verletzt es wirklich Respekt und Ehrfurcht einem Toten gegenüber, ihn auf dem Sterbebett zu fotografieren? Verstorbenen-Fotografien haben auch in Deutschland eine lange Tradition, doch angesichts der vielen Toten in den beiden Weltkriegen wollte keiner sie mehr sehen. Seit einigen Jahren kommen sie wieder in Mode. »Warum?«, fragte sich Filmemacherin Annette Wagner – und spürte dem anhand der ungewöhnlichen Geschichte der Familie Kreuels nach.
»Trauern heißt loslassen und zugleich: lieben über den Tod hinaus« – Dr. Martin Kreuels.
Beruflich ist Dr. Martin Kreuels’ frühere Tätigkeit als Spinnen-Experte in den Hintergrund getreten: Heute arbeitet er vor allem als professioneller Post-Mortem-Fotograf. Er hofft, dass seine Verstorbenen-Fotografien auch anderen Hinterbliebenen beim Abschied nehmen helfen. In einem von ihm mitbegründeten Trauercafé geben Hinterbliebene einander Halt und Geborgenheit im Gespräch und bei gemeinsamen Unternehmungen – doch nicht alle in der Gruppe befürworten seine Verstorbenen-Fotos. Annette Wagners einfühlsamer Film begleitet einen vielbeschäftigten Familienvater mit zwei außergewöhnlichen Berufen und dessen energischen Kinder durch den Alltag. Was hat Paul (14), Emma (11) und Anton (9) dabei geholfen, den frühen Tod der Mutter zu verstehen und zu verkraften? Welche Rolle spielen Fotografien beim Trauern und Abschied nehmen? Und wo ist bei alldem das gesunde Mittelmaß zwischen Konfrontation und Verdrängung?
Publikumsgespräch mit Filmemacherin und Dr. Martin Kreuels
Dr. Martin Kreuels und Regisseurin Annette Wagner sind am Abend anwesend, um von ihren Erfahrungen im Umgang mit Tod und Trauer – nicht nur während der Dreharbeiten – zu berichten. Im anschließenden Publikumsgespräch besteht die Möglichkeit, ihnen Fragen zu stellen und ins Gespräch zu kommen.
Die Filmemacherin
Annette Wagner ist Tageszeitungs-Journalistin, Crossmedia-Produzentin und TV-Filmemacherin und lebt in Bremen. Ihre Auftraggeber sind unter anderem ARD, ZDF, arte, KIKA und SWR sowie Tagessspiegel, www.evangelisch.de, Weser Kurier und die taz. Sie widmet sich vor allem sozialpolitischen und wissenschaftlichen Themen. Sie wurde bundesweit bekannt durch ihre einfühlsamen ARD-Porträts außergewöhnlicher Menschen, ihr investigatives Crossmediaprojekt www.squeezeme.de zu Pro und Contra Emotionaler Roboter in der Betreuung Demenzerkrankter und ihre interkulturellen Begegnungsprojekte zwischen eingewanderten und eingeborenen Deutschen wie »Das reisende Vorlesesofa« (www.liesmirvor.net).Der Totenfotograf
Seit 1999 arbeitet Dr. Martin Kreuels als freier Biologe und seit 2009 vertieft mit dem Thema der Trauer und den Krisen von Männern. Heute geht es ihm darum, beiden Geschlechtern grundlegendes Wissen zu diesen Themen an die Hand zu geben. Als Referent, Ausbilder für Trauer- und Sterbebegleiter (speziell für Männer) und durch seine Bücher und Ausstellungen ist er im ganzen Bundesgebiet unterwegs. Als Coach arbeitet er direkt mit Männern in Krisensituationen. Weitere Infos über ihn, sein Wirken und seine Fotografien finden Sie unter www.fotografie-kreuels.de.Freier Eintritt
Die Veranstaltung findet in den Räumlichkeiten des DRK-Selbsthilfezentrums in Erbach statt. Karten- sowie Sitzplatzreservierungen werden nicht entgegengenommen, es empfiehlt sich eine rechtzeitige Ankunft. Dank der großzügigen Unterstützung der AOK Hessen kann die Veranstaltung für Besucher kostenfrei angeboten werden. Ein Infostand wird über die Arbeit der DRK-Selbsthilfegruppen im Odenwaldkreis informieren.
Männer – das starke Geschlecht?
Männer gelten in der Gesellschaft immer noch als das starke Geschlecht. Das führt beispielsweise dazu, dass Männer Gefühle nicht zeigen, zumindest Gefühle der Trauer und der vermeintlichen Schwäche. Wohin aber sollen sich Männer wenden, wenn genau diese Gefühle Raum brauchen? Hilfsangebote werden zu 80 % von Frauen in Anspruch genommen – die meist von Frauen angeboten werden. Es gibt leider nur wenige Männer, die Angebote für andere Männer anbieten. In Pflegeberufen sind nur 30 % Männer tätig und in der Trauerbegleitung sogar nur 10 %. Insgesamt fallen Männer in unserer Gesellschaft also durch das Versorgungsnetz, wenn es darum geht, in ihren Krisen Angebote zu finden, die passen. Der Trauerkreis für Männer findet in der Anfangsphase einmal monatlich statt und kann bei Bedarf aufgestockt werden. Eine Sprechstunde, die von einem Mann für Männer angeboten wird. Hier wird eine Sprache gesprochen – oder auch eben nicht, wenn es nur darum geht, dabei zu sein, ohne Reden zu müssen.Veranstaltungsort
DRK-Selbsthilfezentrums(im DRK-Haus Erbach)
Bahnstraße 43
64711 Erbach